Seit Sancho einen Fuß auf mexikanisches Land gesetzt hatte, konnte er eine leichte Anspannung in seinem Inneren fühlen. Normalerweise beflügelte in die Rückkehr in sein Heimatsland regelrecht, doch nicht dieses Mal. Er wusste, dass das was er vorhatte nicht einfach werden würde, aber er war Maria nun mal eine Erklärung schuldig. Außerdem hatte er sich in den vergangenen Jahren immer und immer wieder dabei erwischt, wie er ihren Aufenthaltsort überprüft und sein Gewissen, wenn er denn überhaupt so etwas besaß, beruhigt hatte. Auch wenn der Vampir es niemals zugeben würde, zerbrach er sich seinen Kopf schon einige Zeit über seine Rückkehr. Sollte er überhaupt zu ihr zurückkehren? Wie würde Maria auf ihn reagieren? Vielleicht wollte sie ihn auch gar nicht sehen. Übelnehmen würde Sancho es ihr auf jeden Fall nicht. Um nicht mit leeren Händen zurück zu kehren und weil er hoffte, dass es die Vampirin besänftigten würde, hatte er sich vorher auf die Jagd gemacht. Nun klemmte eine hübsch verpackte Schachtel unter seinem Arm, in der sich der Kopf eines rumänischen Vampirs, zusammen mit ihren Lieblingsblumen befand.
Mit der für einen Vampir typischen Schnelligkeit betrat Sancho das riesige Grundstück des Anwesens. Schon seit ein paar Tagen hielt er sich in der Nähe auf, doch bisher hatte sich ihm keine Gelegenheit geboten. Jetzt wo die anderen Vampire, die sich sonst immer in ihrer Nähe aufhielten, auf Jagd waren, wagte er sich vor. Erst als er sich unmittelbar in Marias Nähe befand, bremste er seine Geschwindigkeit auf die eines Menschen herunter. Jeder seiner Schritte hinterließ ein leises Geräusch auf den feinsäuberlich verlegten Steinplatten und verursachte ein Dröhnen in seinem Kopf. Die schwarzhaarige Schönheit hatte sich auf einem Liegestuhl, der sich in Poolnähe befand, niedergelassen und ihre blasse Haut funkelte, als wäre sie mit tausenden von kleinen Diamanten besetzt. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie sehr er diesen Anblick vermisst hatte. Noch bevor er auf sich aufmerksam machen musste, setzte sich Maria auf und flüsterte seinen Namen. Für einen Menschen kaum hörbar, doch führ ihn so laut, als würde sie direkt neben ihm stehen.
„Hey, Kleines.“, ein leichtes Lächeln erschien auf seinen Lippen. Sancho war im schützenden Schatten einer Palme zum Stehen gekommen, das hübsch verpackte Paket klemmte immer noch unter seinem linken Arm. Sein Blick lag abwartend auf Maria. Da er nicht die leiseste Ahnung hatte, wie er sich verhalten sollte, hoffte er auf eine Reaktion ihrerseits, der sich der Vampir anpassen konnte. Langsam streckte er die rechte Hand aus dem Schatten heraus in die Sonne, um für einen Moment das seltsame Funkeln seiner Haut zu beobachten, ehe er sie wieder zurück zog. „Ich glaube ich bin dir ein paar Erklärungen schuldig.“, sein Blick wanderte erneut zu der Vampirin. Aus irgendeinem Grund hoffte er sogar, dass sie auf ihn losging. Das wäre ihm lieber, als wenn sie ruhig bleiben würde. Ruhig war immer gefährlicher. Aber was auch immer gesehen würde, Sancho hatte sie endlich wiedergesehen. Sein Gewissen war beruhigt und sollte sie ihn wegschicken, wäre das auch in Ordnung für ihn. Immerhin schien Maria auch bestens ohne ihn zurecht zu kommen. Das Anwesen, auf dem sie lebte, war schön groß und abgeschieden genug, um sich auch tagsüber frei bewegen zu können. Das Gebäude schien in einem guten Zustand zu sein, nur der Garten machte einen vernachlässigten Eindruck, aber auch das würde mit Sicherheit noch werden. Zeit hatten sie schließlich genügend.
@Maria Mexican